Zu den wirklich großen Herausforderungen auf unserem persönlichen Wachstums- und „Kantenabschleifungsweg“ zählt die Wahl, ob wir unser Leben von gerade auftauchenden Emotionen bestimmen lassen möchten oder ob wir der höheren Instanz unserer Weisheit die Entscheidung überlassen wie wir uns fühlen wollen und damit schlussendlich verhalten.
Wir alle unterliegen in hohem Masse den Denk- und Verhaltensweisen, die wir im Laufe unseres Lebens gelernt haben, die wir uns antrainiert haben. Es gibt viele Dinge, die uns zustoßen und auf die wir persönlich genormt re-agieren. Der eine bekommt einen Wutanfall wenn ein Familienmitglied die Zahnpastatube offen lässt, der andere springt zornig aus dem Auto, um der Person, die ihm gerade den Parkplatz geklaut hat den Marsch zu blasen. Manchen Mitmenschen schlichtweg unerträglich oder man sagt: Diese Situation macht mich fertig; Wenn dies oder jenes geschieht, das regt mich echt auf. Oder: Das macht mir Angst. Oder deine Knöpfe werden gedrückt, zum Beispiel wenn jemand sagt: Du machst doch immer… oder Hast du schon wieder zugenommen? Und du reagierst einfach auf gewohnte Weise mit Wut, Schmerz, Angst oder Rückzug. Zu mir sagte einmal eine Promoterin vor Jahren so etwas wie: Du Gabriele, XY kann dich gar nicht leiden…und deswegen…blablabla… Darauf ging ein immenses Gedankengenschnattere in mir los: Um Gottes Willen, sie mag mich nicht, vielleicht wird dieses geplante Seminar jetzt scheitern, vielleicht werde ich niemals mehr ein Seminar halten können, vielleicht werde ich grundsätzlich scheitern etc. etc. Also überwältigende Gefühle der Angst.
Das ist re-aktives Verhalten. Genauso wie es re-aktiv wäre, der Person, die mir den Parkplatz weggeschnappt hat, umgehend eine Ohrfeige zu verpassen… auch wenn das verständlich sein mag.
Re-aktives Verhalten bedeutet, unseren Emotionen ungefiltert zu erlauben, unser Leben zu bestimmen. Emotionen sind immer die Gefühle, auf denen eine „Ladung“ liegt. Also Gefühle, die von altem, unverarbeitetem Schmerz bestimmt sind.
Durch re-aktives Verhalten verletzen wir uns in der Regel selbst. Wir machen uns zum Opfer unserer Emotionen.
Indes, niemand zwingt uns, bestimmte Emotionen zu haben. Wir glauben, es bleibt uns nichts anderes übrig, weil wir es in der Regel nicht anders gelernt haben. Wir gehen davon aus, dass wir unseren Emotionen quasi hilflos ausgeliefert sind, weil sie wie aus dem Nichts hervorschießen.Wenn uns jemand beleidigt, empfinden wir Groll, wenn jemand unverschämt zu uns ist, sind wir wütend… Diese Emotionen überwältigen uns urplötzlich. Sie sind Ausdruck alter verschütteter, verletzter Gefühle und bestimmen unser Verhalten. Das Unangenehme daran ist, dass wir uns damit, indem wir sie ausagieren, selbst am meisten verletzen.
Wenn wir uns weiter erlauben, auf der Basis dieser alten, ungesunden Muster zu handeln, wird sich unser Leben auf immer denselben eingefahrenen Gleisen bewegen. Wir sind dann in einem endlosen Kreislauf der Wiederholung gefangen – ohne Aussicht auf größeres Wachstum. Denn – wie heißt es doch so schön: Wenn du immer wieder dasselbe tust, wirst du immer wieder dieselben Resultate erfahren.
Noch einmal: Wir können wählen welche Gefühle wir wirklich haben möchten. Wir können entscheiden wie wir uns fühlen möchten. Allein das Wissen darum gibt uns Macht. In jeder Situation unseres Alltags können wir uns neu entscheiden wie wir uns fühlen möchten und damit wie wir handeln werden.
Wir können uns für pro-aktives, also (selbst)ermächtigendes, konstruktives Verhalten entscheiden, das uns wachsen lässt, statt unseren re-aktiven Emotionen und den darauf beruhenden Handlungen weiterhin Macht über unser Leben einzuräumen.
Also – wenn du einer unangenehmen Situation gegenüberstehst tritt einen Schritt zurück und frage dich: Wie möchte ich mich fühlen in und nach dieser Situation? Möchte ich wirklich noch stundenlang wütend sein nach der Begegnung mit diesem Menschen …. auch wenn er sich zweifelsohne unmöglich benommen hat? Oder möchte ich mich einfach gut fühlen, gelassen und in meiner Kraft?
Das kann nicht immer klappen und schon gar nicht am Anfang. Ich kann ein Lied davon singen! Aber – wer sagt, dass es das gleich tun muss? Einfach weitermachen! Im Sekundenbruchteil vor einer (gewohnten) Re-aktion liegt die Möglichkeit sich anders zu entscheiden – für Pro-Aktion. Das kann zunächst einmal bedeuten, dass man einfach schweigt, statt zu antworten oder sich umdreht und dem Ort des Geschehens den Rücken zukehrt. Hauptsache – Aussteigen aus gewohnten Mustern!
Übrigens, da fällt mir ein hilfreiches Buch von Om C. Parkin ein. Titel: „Fuck it“! Ein wirklich hervorragendes Mantra auf dem Weg in unsere Pro-aktivität!
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